Vereinsexterne Beiträge

 

 

 

 

 

 

Ein Tango-Reisebericht von 2019 des Vereinsmitgliedes Beate Pinisch

 

Empirische Tangoforschung Milongas in Bangkok und Singapur im Selbstversuch Neugierig kam ich ein paar Minuten nach offiziellem Milongastart im Foreign Correspondents’ Club Thailand (FCCT) in Bangkok an. Es war Halloween und wer wollte, sollte gruselig verkleidet kommen. Würde die Milonga gleich von Anfang an voll sein? Würden die meisten Gäste erst zwei Stunden später kommen? Vorher hatte laut Internet ein Workshop stattgefunden - eigentlich eine Garantie, gleich zu Beginn volles Haus zu haben. Nun ja: ich war Gast Nummer vier (einschließlich DJane). Die Tanzfläche war toll und natürlich sehr leer. Aber ich wurde (wie auf den anderen Bangkoker Milongas auch) sehr herzlich empfangen und gleich in Gespräche verwickelt. Nach und nach tröpfelten noch weitere Gäste herein und die Milonga begann - ein türkischer Ingenieur, der in Thailand für Siemens arbeitet, ein japanischer Tourist, ein Kanadier, ein Amerikaner (Mitglied im FCCT), ein argentinisches Gastlehrerpaar, ein Paar aus Genf, eine Holländerin, eine Rumänin und ein paar wenige Thailänderinnen. Ich war perplex: alle, aber auch wirklich alle Tänzer (und Tänzerinnen) hatten absolutes Spitzenniveau! Es wurde streng traditionell aufgelegt. Auch die Condigos wurden rigoros befolgt: Cabeceo, halte die Ronda ein, tanze nicht wieder mit jemandem, mit dem du schon getanzt hast… Da geschätzt sieben oder acht Paare anwesend waren, hatten sich die Kombinationsmöglichkeiten bald erschöpft. Wettgemacht wurde der Mangel an Bewegung jedoch durch die sehr nette Atmosphäre und die vielen Gespräche: ungefähr die Hälfte der Anwesenden waren Touristen wie ich, die einfach ihre Tangoschuhe mit auf die Reise nehmen. 

 

 

 

 

Die nächste Milonga fand im Dream-Hotel in Bangkok statt: ich wurde noch herzlicher begrüßt, da außer mir nur drei weitere Frauen anwesend waren. Auch hier wieder sehr mickrige Teilnehmerzahlen; Touristen und reisende Geschäftsleute in der Überzahl. Auch hier bewegte sich das Tanzniveau in schwindelerregender Höhe; allerdings gab es auch eine Tanda mit Elektrotango - immerhin. Von einem deutschen Arzt auf der Durchreise zum Tauchen erhielt ich den Tipp, einmal zum Tangofestival nach Krakau zu fahren. Dort wäre ganz tolle Atmosphäre; es würde in einem stillgelegten Bergwerk getanzt. Bei Gelegenheit werde ich sicher seinem Rat folgen - schon aus Neugier. Was mich sehr befremdete: über der Tanzfläche war ein Riesenfernseher montiert, auf dem Nachrichten und Fußball liefen. Die jeweils nicht betanzten Herren waren aber trotzdem lieber mit ihren Handys beschäftigt. Auf der dritten Milonga - im Rembrandt Hotel Bangkok - waren asiatische Touristen in der Überzahl (China, Korea, Japan). Die anwesenden Thais waren in Grüppchen gekommen und blieben unter sich. Wieder staunte ich über die Qualität der Tänzer. Dann jedoch dachte ich mir, es sind sicher keine Anfänger, die ihre Tangoschuhe immer im Gepäck haben. In Bangkok ist es übrigens kein Problem, nach einer Milonga wieder nach Hause zu kommen. Entweder man schnappt sich eines der vielen herumstreifenden Taxis oder, wenn man wie ich nur zwei Kilometer entfernt wohnt, läuft man schnell und sicher auf einem der vielen skywalks.

 

Mein persönliches Fazit zu Milongas in Bangkok: sehr herzliche Atmosphäre, erstklassige Tänzer, sehr internationale (allerdings spärliche) Teilnehmer, strikt traditionelle Musik, meist Tango de Salon. Altersniveau ungefähr wie in Deutschland. Bis auf einmal habe ich nur Männer in der Führendenrolle erlebt. Die Eintrittspreise bei jeder besuchten Milonga in Thailand enthielten IMMER Getränke, einmal auch Speisen mit einem Wert von bis zu zwei Dritteln des Eintrittspreises. Bei 400 Baht Eintritt konnte man beispielsweise für 250 Baht Getränke konsumieren. Dann ging die Reise weiter nach Singapur. Dort suchte ich mir erst einmal einen Privatlehrer. Ich hatte nämlich festgestellt, dass ich mich in der geschlossenen Umarmung des Tango de Salon (in Asien habe ich Normalgröße) nicht wohlgefühlt hatte. Dies war dann auch das Thema der Privatstunde. Über den Preis bewahre ich diskretes Stillschweigen (damit die Tangolehrer in Deutschland nicht auf dumme Ideen kommen), jedoch habe ich ihn gern bezahlt, weil es der Lehrer wirklich geschafft hat, in nur einer Stunde dafür zu sorgen, dass ich bei der nächsten Milonga sehr gut mit dem Tango de Salon zurechtkam. Außerdem räumte er mit dem Vorurteil auf, dass ein ziemlicher Größenunterschied kein Grund ist, NICHT in geschlossener Umarmung zu tanzen, wenn man denn bestimmte Dinge weiß und kann. Bei der Milonga in Singapur musste ich wieder feststellen, dass die Tänzer / Führenden durchweg hohes Niveau haben. Allerdings waren bei den Tänzerinnen alle Tango-Stadien von der Raupe bis zum Schmetterling vertreten. Die Anzahl der Teilnehmer war sehr viel höher als in Bangkok. Es herrschte durchschnittliche Atmosphäre. Da weniger Touristen unterwegs waren, setzte sich das Publikum vorrangig aus Einheimischen zusammen, die sich natürlich kannten oder als Paar gekommen waren. Die Musik war auch hier wenig einfallsreich klassisch. Generell waren bei der Milonga, die ich besucht habe (Waterloo Center) viele jüngere Tänzer und Tänzerinnen unter den Teilnehmern. Führen - Folgen war streng männlich - weiblich. Ich beschloss, dass Singapur noch andere interessante Dinge zu entdecken hat und beließ es bei dieser einen Milonga.